Sonntag, 1. Juli 2012

Entweder diese Tapeten oder Ausverkauf

Der Vorwurf des Ausverkaufs, der Silbermondisierung ist natürlich ganzheitlich zu verstehen, bzw. am besten zu überlesen. Weil es darum nicht gehen soll. Viel kreativer und unabhängiger ist es seine Platten in überzählige Tapete (zwei meter zwei mark) einzuwickeln und unter die Leute zu bringen.

Das machen nämlich/zwar nicht alle so. Aber die, die es machen, sehen dabei besonders gut aus. Als erste Band im Bunde haben wir Inward mit ihrer 7" „Blind“. Mein Exemplar sieht folgendermaßen aus:


Aber das Exemplar bei discogs.com ist auch schmuck anzusehen. Allerfeinste Raufasertapete abstrakt mit Farbe verziert, dazu das Bandlogo per Schablone auf das Cover übertragen. Tatsächlich jedes Cover ein Unikat. Bei einer Auflage von 1000 Exemplaren ist das eine herausfordernde Aufgabe, mehr noch als jedes Stück mit einer Nummer zu versehen. Vielleicht ergeben ja auch alle Exemplare aneinander gereiht zu einem Gesamtkunstwerk oder enthüllen eine geheime Botschaft. Aber wer weiß das schon so genau?

Auch die Kellerasseln überzeugen seit jeher durch ihre Musik, aber auch durch ihre kreative Tonträgerverpackungen. Erinnert sei nur an die Toilettenpapierdekoration ihrer Punk Not Rock 7". Die unbenannte 7" von 2000 wickelten sie in Tapete ein und klebten auf das Cover ein Foto. Hier müssen weitere Untersuchungen noch zeigen, ob es immer das gleiche Foto ist. Aber diese Fotopraxis erinnert auch an Verbrannte Erde mit ihrem Langspieler „Fotoalbum“, dem auf der Rückseite auch verschiedene Bandfotos aufgeklebt waren. Die Tapete der Kellerasseln ist etwas, das man heute leider nicht mehr in den Baumärkten finden kann. Die Mehrheit würde das Muster sicherlich nicht als modern empfinden. Wieso auch? Wer kauft es dann?


Die famosen Klotzs aus Siegen, mittlerweile nur noch als Duo unterwegs, haben ihre 98er 7" „Angang“ ebenso in Tapete eingehüllt. Mein Exemplar zeigt ein beruhigend-blasses Muster, bei discogs.com hingegen ein wahre Blütenpracht. Ein bemerkenswertes Detail, die Plastikhüllen, in denen sich das Vinyl verbirgt, wurde mit einem (unbenutzten) Wattestäbchen „versiegelt“.

Der Trend sollte dann perspektivisch zu Teppichresten gehen. Bei den großen und kleinen Baumärkten („100% auf Tiernahrung – endlich kein Hunger mehr in der Welt“) finden sich viele Reste, die jedes Vinyl-Release einzigartig machen. Aber halt, da waren die Klotzsens ja schon schneller. Mit Kunstrasen gegen Plastikpunks.

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